Reger "Flugverkehr" mit viel Witz und Esprit
Melle. Nein, ein angemessener Ort für anständige Dienstmädchen ist die Meller Waldbühne in diesem Sommer wahrlich nicht - geht es doch in "Boeing Boeing" nicht gerade sittsam zu. Alle anderen Berufsgruppen hingegen dürften sich bei der Boulevardkomödie von Marc Camoletti zwei Stunden lang köstlich amüsieren.
"Boeing Boeing" ist eine der erfolgreichsten französischen Komödien der letzten Jahrzehnte. Warum das so ist, zeigt das Ensemble der Waldbühne in einer von Witz und Esprit nur so sprühenden Inszenierung von Andreas Pöhler, die am 20. Juni Premiere feierte. Das Boulevardstück, das 1960 in Paris erstmals aufgeführt wurde, hat bis heute nichts von seinem Charme eingebüßt, die Geschichte und die witzigen Dialoge "zünden" heute noch genau so wie vor mehr als fünfzig Jahren.
Der Junggeselle Bernard - charmant und lebenslustig dargestellt von Ulf Niemann - lebt gleich mit drei Stewardessen zusammen: Janet von der PamAm ("amerikanisch" durch und durch und sehr pragmatisch: Gisela Rosemann-Leiwe), der Französin Jacqueline von Air France (leidenschaftlich und temperamentvoll: Franziska Riegenring) und Judith von der Swissair, schweizerisch-bodenständig gegeben von Ricarda Plümers. Natürlich nicht gleichzeitig, sondern - den Flugplänen sei Dank - immer schön der Reihe nach: Wenn Judith abends landet, ist Jacqueline bereits mittags abgeflogen, während Janet nicht vor dem nächsten Mittag eintreffen wird.
Hahn im Korb: Bernard (Ulf Niemann) genießt das Leben mit Jacqueline (Franziska Riegenring) und den beiden anderen Stewardessen - bis die Flugpläne durcheinanderkommen. Fotos: Volker Göx
Dieses "Perpetuum mobile der Liebe", wie es Bernards Freund Robert (erst herrlich naiv, dann wunderbar bauernschlau: Frank Zehn) nennt, der aus der Provinz zu Besuch kommt, wird von Berthe zusammengehalten. Das Dienstmädchen, urkomisch und mit sicherem Gespür für die Pointen dargestellt von Karin Michels, sorgt dafür, dass keine der drei Verlobten etwas von der Existenz der jeweils anderen erfährt. Bis der technische Fortschritt zuschlägt und mit schnelleren Flugzeugen die fein abgestimmten Zeitpläne durcheinanderbringt: Alle drei Stewardessen treffen zur gleichen Zeit in Bernards Wohnung ein. Nur mit großen Anstrengungen, viel Glück und unter Aufbietung erheblichen Geschicks können Bernard, Robert und Berthe die sich anbahnende Liebeskatastrophe abwenden und Kurs auf ein glückliches Ende setzen.
Dem Premierenpublikum auf der nahezu ausverkauften Waldbühne bereitete es großes Vergnügen, diesem turbulenten "Flugverkehr" zuzusehen, der vom gesamten Ensemble temperamentvoll, zuweilen herrlich überdreht und mit großer Spielfreude in einem einfachen, aber mit viel Liebe zum Detail gestalteten Bühnenbild von Stephan Leiwe "abgewickelt" wurde. Die Darsteller und das gesamte Waldbühnen-Team wurden für ihre Leistung mit viel Szenenapplaus und lange anhaltendem Schlussbeifall belohnt.
Berthe (Karin Michels, rechts) hält das "Perpetuum mobile der Liebe" zusammen, ein verstohlener Blick in einen Brief an Janet (Gisela Rosemann-Leiwe) hilft bei dieser Aufgabe.