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Kritisch und
hintergründig

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Schiefe Ebene
ins Verderben

2004

 
Fadenkreuz
des Schicksals

1999-2001

 
Liebe unter
Leuchtreklamen

2002

 
Durch den
Wolf gedreht

2000
Die Liebe im
Schatten der Leuchtreklamen
Bielefeld. Marias Balkon ist ein armseliges Gerüst über einem traurigen Hinterhof. Von den Leuchtreklamen, die nur ihre Kehrseiten zeigen, geht nicht einmal ein schwaches Leuchten aus. In dieser Welt hat die Liebe zwischen Maria und Tony keine Chance, das macht Regisseur Nico Rabenald in seiner Inszenierung der "West Side Story" im Bielefelder Stadttheater von Anfang an klar.
 
Durchaus den Absichten Bernsteins folgend, der mit seinem Musical eine moderne Version von "Romeo und Julia" schaffen wollte, hat Rabenald die "West Side Story" modernisiert und eigens eine Übersetzung in heutigem Jargon geschaffen. Die tragische Geschichte von Tony und Maria, er ehemaliger Anführer der "Jets", sie die Schwester des Chefs der "Sharks", einer Gang puertorikanischer Einwanderer, gewinnt dadurch an sozialkritischer Schärfe, auch wenn die Sprache zuweilen etwas überzogen wirkt - und Bernsteins ausdrucksstarke Lieder in Stephen Sondheims englischem Original einfach besser klingen.
 
Dieses Manko machen jedoch die Gesangssolisten, von denen es in der "West Side Story" einige gibt, ohne weiteres wett. Alexander Marco-Buhrmester als Tony und Cornelie Isenbürger als Maria sind solo wie im Duett ein echter Glücksgriff und bauen mit ihren unterschiedlichen Stimmpotentialen eine vorzügliche musikalische Spannung auf. Vom ersten Erwachen der Liebe - "Tonight" - über "Maria", den Evergreen schlechthin, bis hin zu "There's A Place For Us" kurz vor Tonys Tod durch Mörderhand steigern sich die beiden zudem mehr und mehr in Hochform. Temperamentvoll wirbelt Brigitte Oelke als Anita durch das New Yorker Hinterhof-Viertel (Bühne und Kostüme schuf Walter Perdacher mit viel Liebe zum Detail), auch wenn man dem Ohrwurm "America" deutlich mehr Dynamik gewünscht hätte.
 
 
Überhaupt fehlt der Bielefelder "West Side Story" insgesamt ein wenig der Schwung, auch wenn die Choreographie von Philip Lansdale durchaus Höhepunkte zu bieten hat, etwa im zweiten Akt, wenn die "Jets" ihre Parodie auf "Officer Krupke" (stocksteifer Terminator-II-Verschnitt: Jon Matthes) singen und tanzen. Das liegt zum einen an Rabenalds streckenweise stark abstrahierender Inszenierung, die jegliche Romantik von sich weist - bei einem "There's A Place For Us" wie in Bielefeld rührt sich garantiert kein Taschentuch. Zum anderen tönt es zwar prägnant und auch schön jazzig aus dem Orchestergraben, manche Stücke allerdings läßt der musikalische Leiter William Ward Murta das Philharmonische Orchester etwas zu gemütlich angehen. Und für einige Darsteller spielt der Klangkörper nicht nur eine Spur zu laut - um die Textverständlichkeit steht es da gelegentlich nicht zum besten.
 
Wettgemacht werden diese Wermutstropfen aber allemal durch die Leistung des Ensembles, das nahezu ausnahmslos auch in den kleineren Rollen zu überzeugen weiß. Helmuth Westhausser als Doc, der die Welt der Jugendlichen von der West Side nicht mehr versteht, und Stefan Gohlke als "Schimanski" Schrank liefern ihre "Chargen" gekonnt und komisch ab. Als Bandenführer Riff und Bernardo lassen Alexander Franzen und David Monteiro die - nationalistischen und machistischen - Muskeln spielen. Und mit Siegmar Tonk stapft ein tumber Action als Schläger in Cargohosen über die Bühne, daß es eine wahre Pracht ist.
 
Das Premierenpublikum war von dieser "West Side Story" begeistert. Mit stehenden Ovationen belohnte es die Leistung des Ensembles, das für einen ansehnlichen Musicalabend mit Unterhaltungswert gesorgt hatte.
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