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Stille Herren der Lüfte
im sanften Abendwind
Bad Laer. Am Ende, wieder auf sicherem Grund, steht ein Schwur: "Nie wieder werde ich vom 'Ballonfliegen' reden, und wenn doch, werde ich allen Umstehenden mächtig einen ausgeben!" Heißluftballone fliegen nämlich entgegen landläufigem Sprachgebrauch nicht, sie fahren. Und wer mitfährt, muss sich den Regeln der Balloner unterwerfen - sonst droht ihm Ungemach.
 
Das beginnt schon beim Start auf dem Gelände der Osning-Schau in Bad Laer. Kräftig zupacken heißt es für uns, denn ohne dass Pilot, Helfer und Mitfahrer - im Ballonerdeutsch "Gäste" genannt - den Korb nach unten drücken, würde er solo in den Abendhimmel entschweben. Einer nach dem anderen dürfen wir dann einsteigen. Im Korb geht es eng zu, denn außer dem Piloten und uns drei Passagieren wollen noch drei große Gasflaschen transportiert werden - Treibstoff für den Brenner, dessen mächtige Flammen die Luft im Ballon auf bis zu 110 Grad erhitzen.
 
"Drei Tonnen wiegt die Luft in der Hülle", erklärt unser Pilot Alexander Vogt aus Bad Iburg. Das sind 3.000 Kubikmeter, was die enorme Größe des Ballons erklärt. Ganz schön viel für vier Personen durchschnittlichen Gewichts, aber so sind nun einmal die Gesetze der Physik: Es braucht jede Menge heiße Luft, um nach oben zu kommen.
 
Dorthin geht es dann ziemlich rasant: Bis zu vier Meter pro Sekunde steigt der entfesselte Ballon mit uns in die Lüfte. In einem Lift dreht sich manchem bei derlei Geschwindigkeiten schon der Magen um, hier im Korb unter der bunten Hülle und dem fauchenden Brenner merkt man die Geschwindigkeit fast nicht. Nur der Wind, den der Ballon selbst durch das Steigen erzeugt, deutet an, dass es nach oben geht - und der Blick natürlich auf die sanfte Landschaft rings um Bad Laer und hinein ins Münsterland.
 
Horizontal geht es an diesem Abend nicht so flott voran. Mit zwei bis drei Kilometern pro Stunde dümpeln wir dahin. Von unten schallt uns aus den Gärten ein ums andere Mal ein fröhliches "Hallo" entgegen. Keine Seltenheit für Balloner: "Ich habe schon ganze Hallo-Chöre auf Campingplätzen dirigiert", lacht Alexander Vogt. Nicht nur deswegen macht ihm das Ballonfahren in niedrigeren Höhen am meisten Spaß: "Wenn man in großen Höhen fährt, ändert sich an der Landschaft fast nichts, weil man stets den gleichen Blick hat." Weiter unten bietet sich dem Auge mehr Abwechslung. Einigen Anglern an den Heideseen gefällt das allerdings nicht so recht, sie befürchten wohl, dass unser Ballon die Fische erschreckt.
 
Der Brenner faucht. Über Funk haben wir erfahren, dass es in etwa 500 Metern Höhe deutlich schneller vorangehen soll - etwa 35 km/h bringt da oben der Wind. "Man kann einen Ballon zwar nicht steuern", erklärt unser Pilot, "aber ein wenig beeinflussen kann man die Richtung schon." In unterschiedlichen Höhen wehen nämlich zuweilen unterschiedliche Winde, und das kann ein erfahrener Pilot ausnutzen, indem er die jeweils günstigste Schicht auswählt. Zehn oder zwanzig Meter mehr oder weniger können da schon etwas ausmachen.
 
Ballonfahrt 1 Startvorbereitungen: Zunächst wird der Ballon mit kalter Luft aufgeblasen, erst dann tritt der Brenner in Aktion.
Fotos: Volker Göx
 
 
Und richtig: Hier oben, in 700 Metern Höhe, geht es flott voran. Leider ist die Sicht nicht allzu gut, Hochnebel versperrt den Blick auf die Erde. Über die dünne Wolkenschicht dürfen wir nicht steigen, dazu hätte der Flug bei der Luftaufsicht angemeldet sein müssen. "Technisch wäre es allerdings kein Problem", erklärt Alexander Vogt. Ein Heißluftballon kann bis auf mehrere tausend Meter Höhe steigen.
 
Aber wir wollen ja nicht nur das Ballonfahren, sondern auch die Landschaft genießen. Also sinken wir langsam wieder auf "Baumwipfelhöhe" (zumindest scheint es uns Neulingen so, in Wirklichkeit schweben wir immer mindestens 150 Meter über dem Boden). Immerhin hat uns der Höhenwind bis Glandorf getragen. Unter uns liegt ein Maislabyrinth. "Da könnte man eigentlich Spielverderber sein und ein Foto veröffentlichen", meint einer der Mitfahrer. Was wir aber nicht tun werden. Soll doch selber eine Ballonfahrt machen, wer die Lösung des Labyrinths wissen will.
 
Dann heißt es: "Fertigmachen zur Landung!" Auf einer (von Schafen bewohnten) Weide setzt der Korb auf - um gleich noch ein paar Meter weiterzuhoppeln. Bremsen gibt's nicht, einen Anker zum Auswerfen auch nicht, und so treibt der Wind den Ballon noch ein gutes Stück voran, bevor wir zum Stehen kommen.
 
Unter den kritischen Blicken der Schafherde werden Ballon, Korb und alle anderen Utensilien im Verfolgerfahrzeug verstaut, das uns die ganze Zeit am Boden begleitet hat. Und dann ist es Zeit für den Schwur - und die Taufe. Der "Stille Herr der Lüfte" und der "Mutige Brennerbaron", wie wir in Zukunft heißen, beugen demutsvoll das Haupt und lassen sich vom Piloten eine Haarsträhne ansengen und mit Sekt löschen. Und versprechen Alexander Vogt und der ganzen Zunft der Balloner hoch und heilig, nie wieder vom "Ballonfliegen" zu reden, sondern stets vom "Ballonfahren". Mal schauen, ob's klappt ...
 
Ballonfahrt 2 Stets im Funkkontakt mit dem "Verfolger" am Boden: Pilot Alexander Vogt.
 
Ballonfahrt 2 Solche stimmungsvollen Eindrücke gewinnt man nur, wenn man nicht in allzu großen Höhen unterwegs ist.
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