Aufschlag und
Niederschlag
Steinewerfer im Glashaus
Die neuen Bundesländer feiern ihn seit 1990, Hamburg und Schleswig-Holstein haben ihn vor ein paar Wochen eingeführt, Bremen und Niedersachsen sind auf der Zielgeraden. Die Rede ist vom Reformationstag, der damit schon in diesem Jahr in (fast) ganz Norddeutschland ein gesetzlicher Feiertag sein dürfte. Die Nordlichter schließen so ein wenig zu den südlichen Bundesländern auf, die bei der Zahl der Feiertage einsame Spitze sind.
Aber wie das so ist im Leben: Wann immer es etwas zu feiern gibt, sind Spaßbremsen nicht weit. Man kann ja noch verstehen, dass Unternehmer nicht gerade in Jubelgeschrei verfallen, wenn ihnen ein Arbeitstag gestrichen wird. Die Industrie- und Handelskammern prophezeien, dass ein zusätzlicher Feiertag der Wirtschaft in Niedersachsen schade, weil das Bruttoinlandsprodukt um 0,12 bis 0,25 Prozent pro Jahr sinken werde.
Ob das so kommen wird, wenn alle Niedersachsen ab diesem Jahr am 31. Oktober blaumachen dürfen, bleibt abzuwarten, denn abgerechnet wird natürlich wie immer erst am Schluss. Vermutlich aber werden wir's verkraften, die Bayern schließlich haben dann immer noch drei Feiertage mehr pro Jahr und nagen allem Anschein nach trotzdem nicht am Hungertuch.
Warum aber ausgerechnet der sächsische Ministerpräsident in dieser Woche nichts Besseres zu tun hatte, als die norddeutschen Länder vor der Einführung eines zusätzlichen Feiertags zu warnen, wird wohl auf ewig sein Geheimnis bleiben. Denn abgesehen davon, dass es ihn schlicht nichts angeht, was der Landtag in Hannover beschließen wird: Im schönen Sachsen gibt es elf Feiertage pro Jahr (übrigens einschließlich Reformationstag) und damit zwei mehr als (zur Zeit noch) in Niedersachsen. Und wer in einem solchen (Freizeit-)Glashaus sitzt, der sollte nun wirklich nicht mit Steinen werfen.